42
8- 39.
Die Wachfolger Constantino, 337—375.
Constantin Ji., Constantius Ii. und Constans
(Constantin's Söhne). Nach 16jährigen Kriegen, theils ge«
gen einander, ist Constantius allein übrig. -— Das Reich in
Gallien, am Rhein, an der Donau und im Orient von Fein«
den verwüstet.
Julianus, vom Heere zum Gegenkaiser erhoben, stellt
Ordnung her; fallt vom Christenthum ab (Apostata); bleibt
im Kriege gegen die Perser. 363.
Iovian. Schmachvoller Friede mit Persien, f 364.
Valentinian I. und Valens. Unter ihnen nimmt
die Völkerwanderung ihren Anfang. 375 n. Chr.
§. 40.
Die alten Deutschen.
Deutschland wurde erst um Chr. Geb. den Römern be-
kannt, das Volk schon früher. (§. 23 u. 28.)
Das Land wurde von ihnen bewohnt bis an den Rhein
und die Donau. Es war rauh und unfruchtbar, voll Wald
und Sumpf und
Das Volk, gleich an Gestalt, stark, kriegerisch, freiheit-
liebend, Städte verachtend, jeder in seinen Feldern wohnend.
Lebensart und Sitten. Krieg und Jagd ihre Freude.
Sie waren biedern Sinnes, gastfrei, gesellig, doch dem Spiel
und Trunk ergeben.
Bürgerliche Einrichtungen. Das Volk bestand
aus Freien und Knechten, Adel und Gemeinen. Könige rich-
teten im Frieden, Herzoge befahlen im Kriege; bewaffnete
Volksversammlungen entschieden über wichtige Angelegenheiten.
Kriegsweise. Ihre Waffen: Schild und Speer, sel-
ten Rüstung; sie kämpften zu Fuß und zu Pferde, oft verei-
nigt, (Schlachtgesänge). Heerbann, Gefolge.
Religion. Erhabener Naturdienst, keine Tempel, son-
dern Haine. Leben nach dem Tode, ganz in kriegerischem
Geiste gedacht. Götternamen: Wodan, auch Allvater,
Hertha, Thor, Freia u. a.
Stämme und Völkerschaften. Menge kleiner Völ-
kerschaften, theils zu größeren Bündnissen vereinigt, z. B.
Chatten, Cherusker, Sueven, zu denen unter vielen Andern
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Extrahierte Personennamen: Constantino Constantin Iovian Freia
Extrahierte Ortsnamen: Gallien Rhein Donau Persien Deutschland Rhein Donau
117
nigreich Westphalen für Jerome Donaparte. Aus Hes-
sen und Braun schweig werden die rechtmäßigen Fürsten
verjagt. Die Engländer beschießen Kopenhagen, im Sept.
1807. (Continenta lsperre gegen England.)
Krieg in Spanien, 1808 —14*
Napoleon, sich in die Streitigkeiten der spanischen Kö-
nigsfamilie mischend, bewegt den König Karl Iv., die Krone
niederzulegen, und zwingt dessen Sohn Ferd ina nd Vii. zur
Entsagung. 1808 wird Joseph Bonaparte König
von Spanien. (Portugal in Besitz genommen.
Der Regent Johann Vi. entflieht und verlegt seine Residenz
nach Brasilien.)
Der Aufstand in Spanien. — Das Volk der
südlichen Provinzen erhebt sich unter selbstgebildetcn Behör-
den gegen die Franzosen, Juli 1608. England schließt Frieden
mit Spanien, sendet Hülfe. Portugal den Franzosen ent-
rissen. Joseph muß Madrid verlassen.
Napoleon siegt. — Zn mehreren Schlachten ge-
schlagen, müssen die Spanier ihn in Madrid einziehen sehen.
Doch durch Oestreichs Rüstungen abgerufen, verläßt er Spa-
nien, wo schon der Guerillaskrieg anfängt. Sara-
gossa.— Die Engländer unter Wellington dringen wie-
der vor — Talavera 1809. Abwechselndes Glück bis
1812 — Salam anca.
Krieg mit Oestreich, 1809,
Oestreich, vielfach verletzt, hofft, in Erwartung eine-
Volkskrieges, seinen frühern Standpunkt und Deutschlands
Freiheit wieder zu erkämpfen. Nach den für dasselbe unglück-
lichen Treffen von Abensberg, Eckmühl und Regens-
burg (19 —23. April) führt Napoleon sein Heer in die öst-
reichischen Staaten und auf Wien.
Die Schlacht bei Groß-Aspern, den 21. und 22.
Mai, rühmlich für Oestreich. — Schill, — die Tyroler
unter Andreas Hofer. Unruhen im Königreich Westpha-
len — die Engländer auf Walchern. Kühner Zug des
Herzogs von Braunschweig.
Die Schlacht bei Wagram bewirkt den Wiener
Frieden, den 14. Oct. 1809. — Tyrol unterdrückt (Hofer
erschossen). Oestreich verliert seine Küsten und Gebirgsmauern.
Es muß die Kontinentalsperre annehmen.
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Extrahierte Personennamen: Jerome_Donaparte Continenta Napoleon Karl_Iv. Karl_Iv. Joseph_Bonaparte Johann Napoleon Oestreich Oestreich Napoleon Oestreich Andreas_Hofer Oestreich
Extrahierte Ortsnamen: Hes- Kopenhagen England Spanien Spanien Portugal Brasilien Spanien England Spanien Madrid Madrid Wellington Deutschlands Abensberg Wien Westpha- Braunschweig
11
vaters durch des Harpagus Schuld. Von den Persern zum
Oberhaupte erwählt, stürzt er den Astyages und die Herrschaft
der Meder und macht sich und die Perser zu Oberherren, 550.
Lydien, dessen König Crösus bis an den Halys herrscht,
wird von ihm erobert, nachdem Sardes, die Hauptstadt, er»
stürmt, und Crösus in Gefangenschaft gerathen. (Crösus auf
dem Scheiterhaufen erinnert sich des Solon.)
Babylon wird von ihm erobert (Rückkehr der Juden
aus dem Exil — Serubabel, Esra, Nehemia, Wiederaufbau
Jerusalems 445 ; Hohe Priester Häupter des Volks), die klein-
asiatischen Griechen (h. 9.) unterjocht. Von den Letzteren wan-
dern viele aus und gründen Colonien. (Marseille.)
Im Kriege gegen Tomyris, Königin der Masfage-
ten, fand er wahrscheinlich den Tod. Seine Söhne waren
Cambyses und Smerdis 529.
Cambyses (529 — 522) macht Aegypten, wo er die
Priesterkaste zu vernichten trachtet, zur persischen Provinz
(§. 2.). Ein Zug gegen die Aethiopier mißlingt. — Er läßt
seinen Bruder Smerdis todten. Durch einen Aufstand der
Magier unter dem falschen Smerdis zur Rückkehr nach
Persien bewogen, stirbt er in Syrien.
Der falsche Smerdis, mit Hülfe der Magier Kö-
nig, wird durch sieben Stammesfürsten gestürzt. (Blutbad
der Magier 521.)
Darius Hystaspis (521 —486), einer der sieben
Fürsten, wird zum Könige gewählt. Er bestraft Babylon,
zieht über eine Schiffbrücke nach Thracien, und dringt bis
an die Donau und den Don gegen die Scythen vor (514);
muß sich zurückziehen (Thracien und Macédonien persisch). Er
unterjocht Indien zum Theil. Eintheilung des Reichs in
Satrapien. Residenzstädte: Babylon, Ecbatana, Susa, Per-
sepolis.
Kriege mit den Griechen, siehe Griechische Ge-
schichte §, 12. Darius stirbt 486.
T erxe s I. (486 — 465) seht den Krieg gegen die Grie»
chen fort mit gleich üblem Erfolg, wie sein Vater, und wird
wegen seiner Tyrannei von Artabanus ermordet.
Artaxerxes Longimanus (465 — 424) kämpft ge-
gen das aufrührerische Aegypten und empörte Satrapen, und
ist unglücklich gegen die Griechen unter Cimon bei Cyprus
(vgl. §. 13.).
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Extrahierte Personennamen: König_Crösus Darius_Hystaspis Darius Darius Artaxerxes
102
Franz! , Deutscher «Kaiser (1745—65).—
Der Krieg dauert noch in den Niederlanden fort, glücklich für
die Franzosen unter dem Marsch all von Sachsen.
Aachener Friede, 1748, für Oestreich ohne
Schaden.
tz. 95.
Der skevenjährige ^rieg, von 1756 — 63.
Friederich läßt Frankreichs Büudniß fahren, und schließt
sich an England. Ihn zu demüthigen, verbinden sich Oest-
reich, Frankreich, Rußland (unter Elisabeth), Schwe-
den und Sachsen (Graf Brühl).
1756, Hriederich, mit der Absicht seiner Gegner bekannt,
fällt in Sachsen ein, umschließt die Sachsen bei Pirna,
und schlägt die Oestreicher bei Low o sitz.
1757, Auch das Reich gegen Friederich. Auf seiner
Seite England, Braun schweig, Hessen und
Gotha. — Friederich fällt in Böhmen ein, und
siegt bei Prag. Die Schlacht bei Collin treibt ihn
aus Böhmen, und weckt die Russen. Die Franzosen
rücken in Deutschland ein, die Schlacht bei Hasten-
beck und die Convention von Kloster Zewen
öffnen ihnen das Land bis zur Elbe. Doch die Russen
ziehen sich nach der Schlacht bei Groß-Iägern-
dorf zurück. Die Schweden vertrieben, und die
Franzosen bei Roßbach in die Flucht gejagt. Das
schon verlorne Schlesien gerettet durch die Schlacht bei
Leuthen.
1758, Die Convention von Zewen aufgehoben, Ferdinand
von Braunschweig jagt die Franzosen über den Rhein
(Creveld). Friederich dringt bis in Mähren vor, durch-
zieht Böhmen, und schlägt die Russen bei Zorndvrf.
Schlesien trotz des Ueber falls von Hochkirch
behauptet.
1759, Ferdinand treibt die Franzosen von der Weser,
Schlacht bei Minden. Diebei Kay vereinigten
Russen und Oestreicher schlagen Friederich bei Ku-
nersdorf. (Dresden verloren, Maxen.)
1760 und 61. Nach mehreren Verlusten (Fouquet, Glaz),
gewinnt Friederich die Schlacht bei Liegnitz, und
reinigt Sachsen durch die bei Torgau, behauptet sich
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Extrahierte Personennamen: Franz Friederich_läßt_Frankreichs_Büudniß Friederich Friederich Ferdinand
von_Braunschweig Ferdinand Ferdinand Kay Friederich Maxen Friederich
Extrahierte Ortsnamen: Sachsen England Frankreich Sachsen Sachsen Sachsen Pirna England Hessen Gotha Prag Deutschland Roßbach Rhein Hochkirch Minden Dresden Liegnitz Sachsen Torgau
3. Frühling.
Wenn cs wieder Frühling will werden,
Da fallen die Blumen herab auf Erden,
Die Berge knieen am Himmelssaum;
Die Quellen rinnen,-die Vvglein schlagen,
Kein Schmerz bat Thränen in diesen Lagen,
Kein Herz zu trüber Ahnung Raum.
Gott Bater geht durch die Schöpfung still,
Wenn's wieder Frühling werden will.
Und soll dir Frühling im Herzen blühen,
So mußt du wandern, mußt dn ziehen
Mit jungen Liedern im Morgenschein
Und fühlst du's regen, und fühlst cs dringen,'
Mit seligen Armen dich umschlingen,
Und Erd' und Himmel und Alles dein,
Und Gottes Wandeln durch dein Gemüth: —
Dann, Herz, erjauchze, dein Frühling blüht!
Ä. Paul Gerhard.
Um das Jahr 1666 lebte in Berlin ein Prediger und großer
Dichter, Namens Paul Gerhard. Es waren aber damals unter
den Predigern in Berlin und der umliegenden Gegend sehr ver-
wickelte Streitigkeiten entstanden, welche der Kurfürst von Bran-
denburg, Friedrich Wilhelm der Große, durch strenge Berordnnn-
gen beizulegen suchte. Weil nun Paul Gerhard nicht Alles, was
der Kurfürst hierin verlangte, erfüllen zu können glaubte und als
ein glaubenstreuer Mann lieber alles Andere, als die Ruhe sei-
nes Gewissens verlieren wollte, so ließ er es geduldig über sich
ergehen, daß ihn der Kurfürst deßhalb absetzte und auö seinem
Lande verwies. Ohne Vermögen, ohne die geringste Aussicht, wo-
hin er sich wenden sollte, ergriff also Paul Gerhard sammt Frau
und Kindern den Wanderstab mit schwerem Herzen, aber doll-
voll Verträum auf die Fürsehung Gottes. Einst übernachtete er
in einem Wirthshause an der sächsischen Grenze. Seine Frau
fühlte sich hier vom Kummer über die ungewisse Zukunft so nie-
dergedrückt, daß sie fast verzweifelte. Gerhard aber tröstete sie
mit dem schönen Spruche: „Befiehl d e in Herrn deine
Wege und hoffe auf ihn, er wird's wohl machen!-—"
Hierauf ging er in den Garten und dichtete über jenen Spruch
ein vortreffliches Lied, das er seiner Frau zu ihrem Troste brachte.
Als er nun in das Zimmer zurückkehrte, waren indessen noch
zwei andere Fremde angekommen, die sich, ohne ihn zu kennen,
mit ihm in ein Gespräch einließen und ihm erzählten, sie sollten
auf Befehl des Herzogs Christian zu Sachsen-Merseburg nach
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Extrahierte Personennamen: Gerhard Paul_Gerhard Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Paul_Gerhard Paul_Gerhard Gerhard Christian
Extrahierte Ortsnamen: Morgenschein Gottes Berlin Berlin Gottes Sachsen-Merseburg
4
und ehre die Wege der Fürsehung!» Endlich kamen wir zu einem
Wirthe, der seine Freude au einem einzigen Sohne, einem auf-
blühenden Knaben hatte. Der Engel sagte, er wisse den Weg
nicht. Der Wirth gab ihm den Sohn als Wegweiser mit, und
der Engel — ersäufte ihn im vorbeifließenden Strome. „Nein,"
schrie ich, „keinen Schritt mehr mit dir! Ein Teufel magst du
sein, aber kein Engel!"
Da umstrahlte ihn himmlische Glorie und er rief: „Thoren
nur tadeln den Ewigen! Der Becher war vergiftet. Darum
ward er dem Guten genommen zu seinem Heile, dem Bösen ge-
geben zu seinem Verderben. Unter der Asche seines Hauses fin-
det der Verunglückte einen Schatz und der Brand verhilft ihm
zum Wohlstände' und Segen. Vater und Mutter würde der ver-
zogene Knabe bei längerem Leben gemordet haben. Er mußte
sterben zum Heile seiner Eltern und der Menschheit." — S ch wei-
gen d, Sterbliche, und anbetend ehret die Wege der
¿y iirfe h u n g!
6. Drei Wünsche.
Dreierlei ist's, was sich die Menschen am häufigsten wün-
schen: Klugheit, Macht, Reichthum; und wer herzhaft wünscht, der
will kurzweg alle drei Dinge zusammen haben, nämlich, daß er
klug, mächtig und reich zugleich sei.' Daß aber solcher Wunsch
selten einem Menschenkinde ausgeht, wizjß Jeder. Doch nur We-
nige wissen, daß ihn eigentlich Jeder sich selbst erfüllen könnte.
Wie das? Das sagt uns ein alter Weiser in den Worten: „Der
ist klug, der von Jedermann lernt; der ist mächtig, der seine Be-
gierden zwingt, und der ist reich, der sich an Wenigem genügen
läßt."
^ 7. Des Königs Münster.
Es war einmal ein König, der erbaute einen prachtvollen
Münster zur Ehre und zum Lobe Gottes, und durfte Niemand
bei Leib und Leben zu diesem Bau einen Heller beisteuern nach
des Königs ausdrücklichem Gebote, sondern er wollte ihn ganz
aus dem eigenen Schatze erbauen. Und so geschah es auch,'und
der Münster war vollendet, schön und würdig, mit aller Pracht
und aller Zier. Da ließ der König eine große marmorne Tafel
zurichten und darin mit goldenen Buchstaben eine Schrift graben,
daß er, der König, den Doin allein erbaut und Niemand dazu
beigesteuert. Als aber die Tafel einen Tag und eine Nacht aus
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6
3. Da zieht die Andacht wie ein Hauch durch alle Sinnen
leise, da pocht ans Herz die Liebe auch in ihrer stillen Weise,
pocht und pocht, bis sich's erschließt und. die Lippe überfließt von
lautem, jubelndem Preise.
4. Und plötzlich läßt die Nachtigall im Busch ihr Lied er-
klingen, in Berg und Thal erwacht der Schall und will sich auf-
wärts schwingen, und der Morgenröthe Schein stimmt in lichter
Gluth mit ein: Laßt uns dem Herrn lobsingen! —
9. Tod und Auferstehung.
Wir müssen hinfort eine neue Lehre lernen vom Tode und
Grabe: wenn wir sterben, daß es nicht todt oder gestorben heißt,
sondern auf den zukünftigen Sommer ausgesäet, und der Kirchhof
oder das Begräbnis' nicht ein Kirchhof, sondern ein Acker voll le-
bendiger Körnlein, die sollen wieder hervorgrünen und wachsen,
schöner, denn ein Mensch begreifen kann. Und der Kirchhof soll
heißen ein Gottesacker; denn Gott ist ein solcher Ackermann, und
du bist sein Körnlein, das er in die Erde wirft. Er ist aber viel
ein besserer und größerer Ackermann, denn ein Bauer aus dem
Felde, und hat viel köstlicheren und reicheren Samen. Das sind
wir Menschen, so viel unser auf Erden kommen von Adam an
bis an den jüngsten Tag; dieselben streut er um sich in die Erde,
wie er sie ergreift, Weib, Mann, groß, klein, jung, alt, reich und
arm. Denn eö ist ihm einer wie der andre, und die ganze Welt
nicht anders, denn wie dem Landmann das Tuch voll Samen.
Darum, wenn er die Leute sterben läßt, das heißt er in daö Tuch
gegriffen und eine Handvoll um sich gestreut, ans daß solcher Same
wieder viel herrlicher und schöner hervorblühe. Wenn ich also
sehe meinen Baker, Mutter, Bruder, Schwester, Kind oder Freund
in den Gottesacker begraben und daselbst liegen, muß ich als
Christ nicht sagen: "Da liegt ein Todter," sondern: „Da liegt
mein lieber Vater, Mutter u. s. w. und ich heute oder Morgen
auch bei ihnen. Was sind sie? Körnlein, die bald sollen keimen,
wachsen, unsterblich und unverweslich, viel schöner, denn die grüne
Saat auf dein Felde, wenn es Sommer wird."
10. Sommerlied.
Geh' aus mein Herz und suche Freud' in dieser lieben Som-
merzeit an deines Gottes Gaben; schau' au der schönen Gärten
Zier und siehe, wie sie mir und dir sich ausgeschmücket haben.
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8
Dies wird's wohl sein! So nimm dein Eigenthum zurück!" So
sprach er mit dem heitern Blick eines ehrlichen Mannes und eines
guten Gewissens, und das war schön. Der Andere machte auch
ein fröhliches Gesicht, aber nur, weil er sein verloren geschätztes
Geld wieder hatte. Denn, wie es um seine Ehrlichkeit aussah,
das wird sich bald zeigen. Er zählte das Geld, und dachte unter-
dessen geschwinde nach, wie er den treuen Finder um seine ver
sprochene Belohnung bringen könnte. „Guter Freund," sprach er
hierauf, „eö waren eigentlich 800 Thaler in dem Tuch eingenäht.
.^Ich finde aber nur 700 Thaler. Ihr werdet also wohl eine-Nckhj
'aufgetrennt und Eure 100 Thaler Belohnung schon herausgenom-
men haben. Da häbt Ihr wohl daran gethan. Ich danke Euch."
Das war nicht schön. Aber wir sind auch noch nicht am Ende.
Ehrlich währt am längsten, und Unrecht schlägt seinen eignen
Herrn. Der ehrliche Finder, dem es weniger um die 100 Thlr.,
als um seine unbescholtene Rechtschaffenheit zu thun war, ver-
sicherte, daß er das Päckchen so gesunden habe, wie er es bringe,
und es so bringe, wie er's gefunden habe. Am Ende kamen sie
vor den Richter. Beide bestanden auch hier noch auf ihrer Be
Häuptling: der Eine, daß 800 Thaler seien eingenäht gewesen,
der Andere, daß er von dem Gefundenen nichts genommen und
das Päcklein nicht versehet habe. Da war guter Rath theuer.
Aber der kluge Richter, der die Ehrlichkeit des Einen und die
schlechte Gesinnung des Andern zum voraus zu kennen schien, griff
die Sache so an. Er ließ sich von Beiden über das, was sie
aussagten, eine feste und feierliche Versicherung geben, und that
hierauf folgenden Ausspruch: „Demnach, und wenn der Eine
von Euch 800 Thaler verloren, der Andre aber nur ein Päcklein
mit 700 Thalern gefunden hat, so kann auch das Geld des Letz
leren nicht das nämliche sein, auf welches der Erstere ein Recht
hat. Du, ehrlicher Freund, nimmst also das Geld, welches du
gefunden hast, wieder zurück und behältst es in guter Bewahrung,
bis der kommt, welcher nur 700 Thaler verloren hat! Und dir
da weiß ich keinen Rath, als du geduldest dich, bis derjenige sich
meldet, der deine 800 Thaler findet." So sprach der Richter und
dabei blieb es.
12. Wo Nichts ist, kommt Nichts hin.
Von zwei unbemittelten Brüdern hatte der eine keine Lust
uitb keinen Muth, etwas zu erwerben, weil ihm das Geld nicht
zu den Fenstern hereinregnete. Er sagte immer: „Wo Nichts ist,
' * >
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12
zum Unglück gerade so viel 'von der deutschen Sprache verstand,
. als der Fragende von der holländischen, nämlich nichts, sagte kurz
und schnauzig: „Kannitverstan!" und schnurrte vorüber. Dies
war nun ein holländisches Wort, oder drei, wenn man's recht be-
trachtet, und heißt ans deutsch so viel als: Ich kann Euch nicht
verstehen. Aber der gute Fremdling glaubte, es sei der Name
des Mannes, nach dem er gefragt hatte. Das muß ein
grundreicher Mann sein, der Herr Kannitverstan, dachte er und
ging weiter. Gaß aus, Gaß ein kam er endlich an den Meer-
busen, der da heißt: Het Eh, oder ans deutsch das Apsilon. Da
stand nun Schiss an 'Schiss und Mastbaum an Mastbaum und
er wußte anfänglich nicht, wie er es mit seinen zwei einzigen Au-
gen durchfechten werde, alle diese Merkwürdigkeiten genau zu sehen
und zu beobachten, bis endlich ein großes Schiff seine Aufmerk-
samkeit an sich zog, das vor kurzem aus Ostindien angelangt war
und jetzt eben ausgeladen wurde.
Schon starchen ganze Reihen von Kisten und Ballen auf-
und nebeneinander am Lande. Noch immer wurden mehrere heraus-
gewälzt und Fässer voll Zucker und Kaffee, voll Reis und Pfeffer.
Als er aber lange zugesehen hatte, fragte er endlich einen, der
eben eine Kiste auf der Achsel heraustrug, wie der glückliche Mann
heiße, dem daö Meer alle diese Waaren an das Land bringe.
Kannitverstan! war die Antwort. Da dachte er: Haha, schaut's
. da heraus? Kein Wunder! Wem daö Meer solche Reichthümer
ans Land schwemmt, der hat gut solche Häuser in die Welt stellen
und solcherlei Tulipancn vor die Fenster in vergoldeten Scherben.
Jetzt ging er wieder zurück und stellte eine recht traurige Betrach-
tung bei sich selbst an, was er für ein armer Teufel sei unter so
viel reichen Leuten in der Welt. Aber als er eben dachte: Wenn
ich's doch nur auch einmal so gut bekäme, wie dieser Herr Kan-
nitverstan es hat, kam er um eine Ecke und erblickte einen großen
Leichenzug. Bier schwarz vermummte Pferde zogen einen ebenfalls
schwarz überzogenen Leichenwagen langsam und traurig, als ob
sie wüßten, daß sie einen Todten in seine Ruhe führten. Ein
langer Zug von Freunden und Bekannten des Verstorbenen folgte
nach, Paar Und Paar, verhüllt in schwarze Mäntel und stumm.
In der Ferne läutete ein einsames Glöcklein. ..Jetzt ergriff unsern
Fremdling ein wehmüthiges Gefühl, daö an keinem guten Men-
schen vorübergeht, wenn er. eine Leiche sieht, und blieb mit dem
Hut in den Händen andächtig stehen, bis Alles vorüber war.
Doch machte er sich an den Letzten vom Zug, der eben in der
Stille ausrechnete, waö er an seiner Baumwolle gewinnen könne,
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¿m
77
ich nicht erst gezählt habe, so kvill ich euch auch sagen, wie viel
Tropfen im Meere sind." — sprach der König: „Die andere
Frage lautet: Wie viel Sterne stehen am Himmel?" — Das
Hirtenbüblein sagte: „Gebt mir einen großen Bogen weiß Papier!"
und dann machte es mit der Feder so viele feine Punkte darauf,
daß sie kaum zu sehen und gar nicht zu zahlen waren, und einem
die Angen vergingen, wenn man darauf blickte. Darauf sprach
es: „So viele Sterne stehen am Himmel, als hier Punkte auf
dem Papiere; zählt sie nur!" — Aber Niemand war dazu im
Stande. — Sprach der König: „Die dritte Frage lautet: Wie
viel Secunden sind in der Ewigkeit?" — Da sagte das Hirten-
büblein: „In Hinterpommern liegt ein Demantberg, der hat eine
Meile in die Höhe, eine Meile in die Breite und eine ilueiic in
die Tiefe; dahin kommt alle hundert Jahre ein Böglein und wetzt
sein Schnäblein daran, und wann der ganze Berg abgewetzt ist,
dann ist die erste Secunde in der Ewigkeit vorbei." — Sprach
der König: „Ich will dich fortan halten wie mein eigen Kind."
Junker Nechberger.
Rechenberger war ein Junker keck,
Der Kaufleut' und der Wandrer Schreck.
In einer Kirche verlassen,
Da that er die Nacht verpassen.
lind als es war nach Mitternacht,
Da hat er sich auf den Fang gemacht.
Ein Küufzug, hat er vernomineu,
Wird frühe vorüber kommen.
Sie waren geritten ein kleines Stück,
Da sprach er: »Reitknecht! reite zurück! >
Die Handschuh hab' ich vergessen
Auf der Bahre, da ich gesessen ><
Der Reitknecht kam zurück so bleich:
»Die Handschuh' hole der Teufel euch!
Es sitzt ein Geist ans der Bahre;
Eö starren mir noch die Haare.
Cr har die Handschuh' angethan
Und schaut sie mit feurigen Augen an,
Er streicht sie wohl auf und nieder;
Cs beben mir noch die Glieder.«
Da ritt der Junker zurück im Flug,
Er mit dem Geiste sich tapfer schlug.
Er.hat den Geist bezwungen,
Seine Handschuh wieder errungen.
w
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
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